30 Juli, 2013

Zu Unrecht liegen Gebliebenes 07/2013

Mit Gelassenheit sitzt Elliott Murphy mit der E-Gitarre auf der Veranda und erzählt Rock'n'Roll-Geschichten von früher. Sehr fein, die Stimme kratzt entsprechend und das Songwriting flutscht nur so dahin und ist zum Teil großartig. Ja, John Wayne kommt gleich im Eröffnungsstück vor! Die Haltung ist ähnlich, aber während Dylan im Spätwerk dahinnäselt, singt Murphy mit etwas rauer Stimme, aber er singt noch - und ist daher die bessere Wahl. "You don't need to be more than yourself", singt Murphy - das ist ihm mit diesem Werk eindrucksvoll gelungen!
Liv Lombardi, die junge Singer-Songwriterin aus New Mexico, befindet sich gerade auf einer kleinen Welttournee, mit im Gepäck: Ihr 2012er Album "Self-Medicate", das 8 feine Songs aufbietet, u.a. angereichert mit Streichern. Am 19. August 2013 gastiert Lombardi zum zweiten Mal in Wien (Carina, 21h, U6 Josefstädter Str., support: The Wichita)
Die Österreicherin Julia Motz siedelt ihre Lieder zwischen Jazz und Singer-Songwriting an. Dank klarer Stimme und geradliniger Produktion könnte diese CD der Soundtrack für den ausklingenden Sommer sein - gut gemacht. (jpl)

Live-Tipp: Mo 19.8.2013: Liv Lombardi, support: The Wichita, Cafe Carina, 21h

Liv Lombardi: "Self-Medicate" (7/10)
Julia Motz: "So Close" (7/10)
Elliott Murphy: "s/t" (10/10)

18 Juli, 2013

Hot Juli News 2013

Im wahrsten Sinne heiß, sind die Neuheiten für dieses Monat: Sommerhits gesucht? Bitte sehr, aus dieser Suche entwickelt sich nebenbei eine muntere Weltreise! Kobo Town sind musikalisch in der Karibik verortet, aber agieren von Toronto, Kanada aus. Calypso, Merengue und Reggae werden zu einem bekömmlichen Cocktail gemixt, durchaus kritische Inhalte inklusive.
Wir bleiben in Nordamerika: Ganz anders gepolt sind freilich Turnpike Troubadours, die auf "Goodbye Normal Street" gerade das geben, wovon sie sich im Titel verabschieden - die US-Normalos, die boys next door. Da geht es um junge US-amerikanische Männer, die in Kriegs und Krisengebiete ziehen, Afghanistan und Somalia kommen explizit vor. Ums Küssen eines Mädchens namens Lorrie, Marke High-School-Sweetheart, irgendwann folgt das Eigenheim, mit Vor- und Hintergarten, ein Pick-Up aus Detroit davor. Das Artwork setzt diese Durchschnittlichkeit mittels Found-Footage-artigen Bildern um. Musikalisch ist das Ergebnis Country-Folk-Rock. Schöne Melodien gelingen dem hauptverantwortlichen Songwriter der Band Evan Felker allemal und so ist das Album durchaus akzeptabel.
Scott Matthew präsentiert uns mit "Unlearned" ein wunderbar reduziertes Coveralbum, mit Liedern die ihm wichtig sind und reduziert sie auf deren Essenz. Also: Ruhig, intensiv, eindringlich. Mit dabei: So unterschiedliche Songs wie der Joy Division-Klassiker "Love Will Tear Us Apart" oder Kris Kristoffersons "Help Me Make It Through The Night". Weiters: Neil Youngs "Harvest Moon", das Bündel an ungelernten Liedern schließt Matthew mit einem John-Denver-Stück ab: "Annie's Song". Wie gesagt: Lauter Klassiker - sie ergeben zusammen genommen beinahe das Album des Monats.
Endlich wieder neues vom großartigen The Idan Raichel Project aus Israel: Auf dem neuen Album wirkt die gewohnte Mischung aus schönen Melodien und traditionellen Einflüssen aus der Region, herauskommt zum Teil hit- und massentaugliche, aber immer außergewöhnliche Musik. Musikalisch gelingt die Brückenschlag in Richtung Lateinamerika, kurz: Der geeignete Soundtrack für eine Weltreise, zumindest für einen Sommer im Bad, schlicht die CD des Monats.
Den Abschluss bildet Südamerika: 3x Brasilien! Vielleicht wegen der sozialen Bewegungen, die dort im Zuge des Fußball-Confed-Cups und angesichts der drohenden Fußball-WM 2014 entstanden sind? Vielleicht ist es auch nur eine zufällige Häufung oder Brasilien bietet sich einfach an als Lieferant von Sommermusik. In der gewohnten Putumayo-Qualität wird "Brazilian Beat", "Brazilian Lounge" und "Women Of Brazil" aufgeboten. (jpl)

Kobo Town: "Jumbie In The Jukebox" (7/10)
Scott Matthew: "Unlearned" (9/10)
The Idan Raichel Project: "Quarter To Six" (10/10)
Turnpike Troubadours: "Goodbye Normal Street" (6/10)
VA: "Brazilian Beat" (8/10)
VA: "Brazilian Lounge" (7/10)
VA: "Women Of Brazil" (7/10)

04 Juli, 2013

Zweite CD von Pabst „Full Of Light“ (VÖ: 19.07.2013)

Zweite CD, Pabst. „Full Of Light“ ist auf den ersten Blick keine fröhliche CD. „Full Of Light“ ist tiefgründig. So geht es im titelgebenden Stück „um das Loslassen der liebsten Dinge, die man im Leben hat“, sagt der Gitarrist Daniel Pabst: Ein Grundthema der neuen Pabst-CD sind die „Schwierigkeiten mit dem Abschiednehmen.“  Ja, es geht auch ums Sterben. Auch Liebesbeziehungen kommen in den Liedern natürlich vor. „Manchmal weiß man aber gar nicht, ob es um Liebe oder um etwas anderes geht“, so Pabst. Wie geht man mit Abschieden um? „Vielleicht bin ich ein sentimentaler Typ und die Musik ist ein gutes Ventil, um mögliche Antworten zu formulieren“, sagt Pabst. Dennoch: Pessimismus macht sich nicht breit, Optimismus ist eine inhaltliche Konstante dieser CD. „I’m going to a room full of light“, heißt es im Titelstück.
Die erste Pabst-CD war freien, jazzigen Liedstrukturen zugetan, „Full Of Light“ orientiert sich an klassischem Songwriting. Pabst hat seine ästhetischen Vorstellungen von Musik unter Mithilfe der Multiinstrumentalisten Thomas Tannenberger und David Schweighart umgesetzt. So ist „Full Of Light“ eine hintergründige, raffinierte CD, auf der die mitwirkenden Musiker Freiräume bekommen haben. „Ich habe dieses Mal mein Songmaterial geöffnet“, sagt Daniel Pabst, die Handschrift der Mitmusiker ist klar zu hören – auf „Full Of Light“ gibt es auch Synthie-Flächen und ein Glockenspiel.
Die Stücke auf „Full Of Light“ liefern keine endgültigen Antworten. Aber sie nehmen den Hörer mit auf eine kleine Reise – und lassen ihn (vielleicht) verändert zurück.


>> www.danielpabst.at