13 Mai, 2013

Zu Unrecht liegen Gebliebenes 05/2013

Könnte bitte mal jemand herausfinden, wie viele Tonträger jeden Tag veröffentlicht werden? Weltweit? Gefühlt müssen es mehrere Tausend sein, anders ist es nicht erklärbar, warum so viele Tonträger zu Unrecht liegen bleiben! Die aktuelle Aufarbeitung ergibt Folgendes: Das deutsche Duo Hand in Hand bietet auf "Kuscheln mit dem Riesen" sympathische, jazzig angehauchte Stücke, die die beiden Damen live - so gesehen in Born am Darß 2012 - mit viel Verve darbieten. Live mit Schlagzeug, Klavier und Gesang. Die klugen Lieder thematisieren auch immer wieder das Unterwegssein, etwa "Reis aus Kathmandu" oder "Von Patan nach Lama Tar". Motto: Einfach mit den Riesen kuscheln.
Luke Roberts' Album klingt so: Einer zieht sich auf eine Hütte in den Bergen zurück und schreibt zwei Hände voll Songs. Es ist ein melancholisches Album, Roberts singt mit brüchiger, schwankender Stimme - aber in sich ist das alles sehr stimmig. Sehr reduziert, ab und an wird die Gitarre um Violinen und ein wenig Perkussion ergänzt. Ein Album zum Zurücklehnen und zum Sich- mal-wieder-Gedanken-über-die-Welt machen. Schlicht und schön - ab jetzt bleibt die Scheibe für längere Zeit im CD-Player liegen!
Nicht nur CDs können zu Unrecht liegen bleiben: Auch Bücher. Allemal für einen vergnüglichen Nachmittag vermag der Poet Christian Futscher zu sorgen: Seine Gedichte sind amüsante Miniaturen, genau auf den Punkt gebrachte Beobachtungen, Erlebnisse und Anekdoten. Futscher schreibt etwa ein Haiku: Als ich letztens Paris Hilton/ in Saint Tropez traf/ kaufte ich ihr ein Eis" Überhaupt scheint er - zumindest in der Imagination - ein Reisender zu sein, so ist vielleicht auch der Titel des Gedichtbandes zu erklären: "Marzipan aus Marseilles".
Ebenfalls unterhaltsam - wenngleich komplett anders angelegt - ist das Buch von Eugen Maria Schulak & Rahim Taghizadegan: In "Vom Systemtrottel zum Wutbürger" rollen die beiden Autoren anhand von Lebensbereichen wie "Bildung", "Beruf", "Umwelt", "Kultur" etc. auf, inwieweit jedeR einzelnE von uns Teil eines Systems - somit Systemtrottel - geworden ist, dass er vielleicht nicht immer aufrecht erhalten möchte. Herausgekommen ist ein satirisches Buch, das augenzwinkernd dazu aufruft, nicht länger SystemerhalterIn zu bleiben. In Bezug auf Geld schreiben sie: "Mehr Geld bekommen wir dadurch, dass es politisch für uns durchgesetzt wird: Jene, die uns bezahlen, sind politisch zu nötigen, uns mehr zu bezahlen; jene, die wir bezahlen, hingegen zu zwingen, immer billiger anzubieten. Woher dieses Geld kommt, darf man nicht fragen." (jpl)

Christian Futscher: "Marzipan aus Marseille" (Czernin Verlag: Wien: 2013, 8/10)
Hand in Hand: "Kuscheln mit dem Riesen" (8/10)
Luke Roberts: "The Iron Gates At Throop And Newport" (10/10)
Eugen Maria Schulak & Rahim Taghizadegan: "Vom Systemtrottel zum Wutbürger" (Ecowin: Salzburg: 2011, 7/10)