27 September, 2012

Hot September News 2012

Manche sagen ja, jede gute Band würde nur an einem einzigen Song schreiben - die Variationen auf dem Weg zum ultimativen Song ergeben weitere Lieder. So verhält es sich auch bei Eleni Mandell: Die Singer-Songwriterin aus Kalifornien hat vor kurzem mit "I Can See The Future" ein neues, großartiges Album vorgelegt. Country, Folk, dieses Mal mit etwas mehr Augenmerk in Richtung Pop - Mandell agiert wieder in ihrem eigenen Universum, mit ihrer unverkennbaren, tollen, Alt-Stimme. Dass der "Desert Song" ein früheres Lied ("Girls") von ihr selbst variiert, passt ins vorhin beschriebene Bild. Mandell war immer eine Suchende (ja, auch nach Liebe), das ist anno 2012 nicht anders, einige Frage sind beantwortet, dennoch: "I don't know what love is all about", heißt es im schönen "So easy". "Es ist gut, mit ihr zu spielen und es ist gut, mit ihr abzuhängen", hat mir Bassist Ryan Feves vor Jahren in einem Interview erzählt. Feves ist natürlich auch 2012 wieder dabei und gemeinsam mit der Chefin sorgt er für ein weiteres tolles Album, auf dem mit "Magic Summertime" vielleicht dieser ganz große Song, siehe oben, schon drauf ist - go for it!
Ein Doppelalbum von Calexico: Auf "Algiers" spielen John Convertino & Co gekonnt und locker ihre Stärken aus. Wüstenrockige E-Gitarren, die von Calexico gewohnten Rhythmen, kurz: Musik, die in Richtung Mexiko schaut, entsprechende Trompeten inklusive. Und auch der Weg nach Kuba ist von überschaubarer Länge. Soweit alles normal und sehr, sehr fein. Im Schuber liegt aber noch eine zweite CD, "Spiritoso" genannt, die wurde live mit Orchester eingespielt; das verleiht den Spaghetti-Western-Klängen noch etwas mehr Schwülstigkeit und passt somit hervorragend.
Nach dem großartigen Album "Night Of Hunters" vom letzten Jahr, veröffentlicht Tori Amos noch Mal bei Deutsche Grammophon. "Goldstaub" nennt sie ihr neues Album etwas euphemistisch, auf dem sie wie Calexico auf CD 2 von "Algiers" verfährt: Sie setzt ein Streichorchester ein und verpasst so eigenen Klassikern wie "Winter" neue Kleider. Klingt wunderbar und ist für Amos ein logischer musikalischer Schritt.
Im April 2012 haben The Nits im Wiener Theater Akzent zwei umjubelte Konzerte gegeben, dabei kam es wie es kommen musste: Nirgendwo wird diese Band von der Bühne gelassen, ohne ihren großen Hit gespielt zu haben: "In the dutch mountains". Sänger Henk Hofstede hat immer noch eine tolle Stimme und die Lieder auf der neuen CD "Malpensa" haben Klasse, sie kommen aber an frühere Werke wie "Nescio" oder "J.O.S. Days" nicht ganz heran. Trotzdem: Eine Band, die in Würde altert, "Malpensa" ist ein Beleg dafür.
Inmitten dieser Weltstars taucht ein wodurch auch immer verhinderter Weltstar aus Österreich auf: Bernhard Schnur. Schon der erste Track seiner neuen CD "Yol" kommt wie ein Hybrid aus Dylan und Beatles daher und auch gesanglich scheint sich hier eine Verwandtschaft zum Mann aus Duluth anzudeuten, Schnurologen mögen dies mit einem genüsslichen oder verächtlichen Schnurtzer vermerken. Seine Indie-Pop-Wurzeln hat Schnur nicht vergessen und so schrummeln auch die Gitarren auf "Yol" ordentlich dahin. Überraschung: Der längst - gar in den Schweizer Bergen? - verschollen geglaubte Dominik Dusek (erinnert sich noch jemand an den Bottervogel?) trommelt bei zwei Stücken. Insgesamt: "Yol" ist das schöne neue Album eines Guten. (jpl)

Tori Amos: "Gold Dust" (Deutsche Grammophon, 9/10)
Calexico: "Algiers" (City Slang, 10/10)
The Nits: "Malpensa" (Global Records, 7/10)
Eleni Mandell: "I Can See The Future" (Yep Rec./Make My Day Records, 10/10)
Bernhard Schnur: "Yol" (plagdichnicht, 8/10)