09 August, 2011

Hot + New Music August 2011

Zunächst Musik aus Österreich: "Es Lem" nennen Ernst Molden + Band ihre neue CD, in der sich Molden erneut als eine Art Chronist der Hauptstadt zeigt und das neue Wiener Lied in elf Bildern aufführt. Molden interessiert sich für das Wien von unten, für spielende Roma-Kinder etwa und er erzählt von einer Erkundungstour mit einem innerstädtischen Autobus. Ein Wiener vom Grund ist Molden selbst nicht, ob man dem Verleger-Sohn aus dem Nobelbezirk Döbling die Chronisten-Rolle abnimmt und ob das überhaupt wichtig ist, bleibt den HörerInnen selbst überlassen. Der eigenartige Der Nino aus Wien ist jedenfalls auch dabei. Insgesamt solide gemacht.
Jetzt aber doch lieber weiter nach Amerika: Theatermusik für das Stadttheater Klagenfurt haben Naked Lunch zur Bühneneinrichtung von Kafkas "Amerika"-Roman geschrieben, die ist nun auf CD erschienen - 9 glasklare Songs, die durchaus düstere Momente aufweisen und sich in das Naked Lunch-Universum allemal einfügen lassen. Am Ende der Höhepunkt, das langsam dahin wandernde "Your Last Waltz". Klar: Bei großartigen Alben wie "Songs For The Exhausted" ist "Amerika" ein gutes Nebenwerk einer sehr guten Band.
Wenn wir schon in Amerika sind, dann bleibt es gleich international: CC*OO aus Karlsruhe haben Ende Juli 2011 zwei Mal live in Wien aufgespielt - im WUK und im Heureka - und für die neu gewonnenen Wiener Fans eine 3-Song-EP mit selbstgebasteltem Cover hier gelassen. Das Artwork besticht, die Aufnahme hat Lo-Fi-Charme - so haben CC*OO in Wien durch die charmante Live-Performance überzeugt und werden hoffentlich bald wieder einen Abstecher nach Österreich machen.
Ebenfalls aus dem Nachbarland stammt Andreas Dorau, der mit "Todesmelodien" endlich wieder ein neues, sein achtes Album vorlegt: Die Platte ist vom ersten bis zum letzten Ton pure Popmusik, Dorau hat den Bogen einfach raus und trägt auch musikalisch gerne mal dick auf: Die Chöre und schwülstigen Arrangements beim Eröffnungstrack "Größenwahn" sind gleichsam ein Tribut an den großen Pop-Produzenten Phil Spector, der zurzeit wegen Mordes im Gefängnis sitzt. Selbst Themen wie "Neid" weiß Dorau popmusikalisch zu verarbeiten, Grüße richten Element Of Crime und Rocko Schamoni aus: Hallo!
Ebenfalls in Mitteleuropa - und durchaus zu Dorau passend - halten sich zurzeit die Australier von The Wishing Well auf: Die Band um Mastermind Jai Larkan liebt Monstertourneen, die mehrere Monate dauern - diese haben die Gruppe zu so unterschiedlichen Konzerten wie beim legendären Jazz-Festival in Montreux oder im Club Tunnel in Wien geführt. Auf Konserve überzeugt die Band mit pop-orchestraler Breite, wie man sie auch von frühen Waterboys-Alben - oder eben von Andreas Dorau - kennt. Larkans Stimme vermag jedenfalls unter die Haut zu gehen und so liefert The Wishing Well mit "Fire In The Valley" ein hörenswertes Album ab. (jpl)

CC*OO: "Saphir Souveniers" (3-Song-EP, Eigenverlag, 7/10)
Andreas Dorau: "Todesmelodien" (staatsakt./Rough Trade 8/10)
Ernst Molden + Band: "Es Lem" (monkey/Rough Trade, 5/10)
Naked Lunch: "Amerika" (monkey/Rough Trade, 7/10)
The Wishing Well: "Fire In The Valley" (The Wishings Well/MMS/Supermusic, 7/10)